Samstag, 25. Februar 2006

Szenen meiner wilden Ehe

Diät

Fett ist lecker, sieht aber übel aus.
Zum Beispiel um den Bauchnabel.
Gut ist da nur, dass ich nicht ins Freibad muß, um mich in knapper Badehose der allgenmeinen Lächerlichkeit preiszugeben.
Andererseits könnten die Rettungsringe um die Hüften nicht erst dort ihre volle Funktionalität zum Tragen bringen, ich mich also, ohne auch nur einen Muskel zu rühren, rücklings auf das Wasser legen und mich von den Wellen, die andere um mich herum schlagen, mal hierhin, mal dorthin treiben lassen?
„Na, mein Dickerchen,“ sagt meine Herzallerliebste, als ich in meiner Wohnung unbekleidet, man könnte sogar sagen vollkommen nackt an ihr vorüberhusche.
Ist es draußen schon gnadenlos tropisch heiß, so erreichen die Innentemperaturen in meiner kleinen Dachwohnung nahezu unverschämte Höchstwerte, so dass ich um mein Thermometer, ein Erbstück, fürchten muß und es deshalb vorsichtshalber in den Kühlschrank lege.
Schon beim Öffnen des Kühlschrankes überkommt mich ein leichtes Frösteln,sämtliche Körperhaare, aber auch die Überbleibsel meines Kopfhaares sträuben sich vor eisigem Entsetzen:
Der Kühlschrank ist nahezu leer!
Sind das schon die gefürchteten Halluzinationen kurz vorm Kreislaufkollaps, wegen allzu großer Hitze oder einfach nur eine Fata Morgana, eine Luftvorspiegelung falscher Tatsachen?
Angesichts der wüsten Leere in meinem Kühlschrank würde selbst das mich nicht wundern.
Nur ein paar jämmerliche Oasen kulinarischer Freuden lassen jetzt noch erahnen welch´ herrlicher Schatz an Delikatessen dereinst hier ruhte und auf seines Verzehrs harrte.
Nun sehe ich in den Weiten meines Kühlschrankes nur zwei oder drei Fläschchen mit Fruchtsäften, vereinzelte Objekte bizarrer Natur, bei denen es sich, ich erinnere mich schwach, wohl um Gemüse oder dergleichen handeln muß und ein Schälchen mit gekochtem Reis.
„Was?“ frage ich mit zitternder Stimme, „ist das?“
Meine Beste guckt mich mit ihren großen Augen voller Liebe an:
“Das, mein Dickerchen, ist unser Essen für die nächsten zwei Wochen. Dein Junk-Food habe ich verschenkt.“
Zu erschöpft, frage ich sie erst gar nicht an wen, sondern betrachte sie aus meinen zu Schlitzen verengten Augen. Das durch nichts gehemmte Kühlschranklicht hat mir wohl die Augen verblitzt.
„Na, wir fasten ab jetzt, habe ich beschlossen. Guck dir mal deine Pocke an,“ bemerkt sie uncharmant, leider aber vollkommen zu Recht.
„Fasten?“
„Ja, wir trinken zwei Wochen lang nur abgekochtes Wasser und Fruchtsäfte und essen gar nichts. Aber heute Abend gönnen wir uns noch einmal so richtig was Leckeres.“
Meine Miene erhellt sich in aufkeimender Hoffnung. Ein wohlig warmes Gefühl strömt von meinem Bauch durch meinen ganzen Leib.
„Wirklich? Was denn?“
„Na, ja, das Schälchen Reis mit sehr guter Sojasoße und etwas gedünstetem Gemüse.“
„Kein Fleisch?“
„Nein, kein Fleisch. Das stopft doch nur.“
„Auch kein Fisch?“
„Zuviel Blei.“
Hitze, Hunger und Durst haben schon längst meinen letzten Willen zum Widerstand gegen diesen Angriff auf mein Wohlbefinden gebrochen, also ergebe ich mich meinem ungewissen Schicksal und sage nur noch schwach: „Okay.“
Vollkommen im Einklang mit sich und ihrer Natur, setzt sie sich wieder an den Tisch und liest weiter in ihrem Buch.
So leise ich kann, greife ich zum Telefon und ziehe mich diskret in den hintersten Winkel meiner Wohnung zurück und rufe einen Freund an.
„Hallo,“ spreche ich in den Hörer, den ich mit meinerHand abschirme.
„Hallo? Hallo? Wer ist denn da?“
„Ich bin´s.“
„Ach du? Warum flüsterst du denn so?“
„Erklär ich dir später. Hast du heute schon gegessen?“
„Nein, warum fragst du?“
„Es ist ein Notfall. Was gibt’s denn bei dir heute?“
„Kartoffeln und Schnitzel.“
„Okay, dann komm ich dich gleich besuchen, einverstanden?“
„Ja, klar, aber was ist denn ...?“
„Erklär ich dir später. Ruf mich doch bitte kurz an, ja? Bis gleich.“
Eine Minute später klingelt das Telefon.
Mit weit tragender Stimme spreche ich in den Hörer:
„Ja, natürlich helfe ich dir beim Umstellen deines schweren Kleiderschrankes.“
Dann lege ich auf und gehe zu meiner Süßen in die Küche:
„Hast du das mitbekommen? Eine solche Unverschämtheit von dem Kerl, mich am Sonntag, kurz vor dem Mittagessen zu stören, nur weil er den Kleiderschrank umstellen will.“
„Ach, Schatz, geh ruhig. Ist doch dein Freund, da mußt du doch helfen.“
„Na, ja, du hast Recht,“ sage ich, schon in der Jacke. Bis hachher dann, Liebste Ich freu mich schon richtig auf unser leckeres Abendessen.“
Wir umarmen uns noch innig und geben uns einen Kuß.
Es ist wirklich schön, eine so ehrliche Beziehung voller Harmonie zu führen. © 2003 Jon
Learning Without Borders - 26. Feb, 09:05

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