Mittwoch, 26. April 2006

Buchtipp: "Machtwahn

- Wie eine mittelmäßige Elite uns zugrunde richtet"

>Ich nenne in dem Buch auch Personen. Man ist in dieser Gesellschaft meistens zu vornehm und nennt niemanden namentlich. Angesichts der Fakten, angesichts dessen, was Wissenschaftler heute treiben, ist das nicht nachzuvollziehen. In dieser Woche war z. B. Herr Biedenkopf bei Frau Maischberger. Er wurde als Vordenker vorgestellt.Tatsächlich ist er seit Jahren Lobbyist der privaten Altersvorsorge. So geht das durch die Bank.
F: Ab wann datieren Sie diese Krise der Eliten?
Das kann man schlecht datieren. Es hängt stark mit dem Vorpreschen der neoliberalen Bewegung zusammen. Das ist eine geistig sehr einfach gestrickte Ideologie. Sie sagen, der Markt muß bestimmen, und die Kosten, die Löhne müssen runter. Das ist borniert einfach. Da bin ich wieder bei der Regression: Als Ökonom kann ich mich nur wundern, wie man derart zurückfallen kann.
Diese neoliberale Bewegung hatte in den 80er Jahren ihren Durchbruch mit Reagan und Thatcher und bei uns mit Lambsdorff.<
Aus: »Der Fisch stinkt vom Kopf her«
Gespräch mit Albrecht Müller. Über Verfallsprozesse in der deutschen Führungsschicht, Korruption in der Wissenschaft, den Durchbruch des Neoliberalismus in der Bundesrepublik und die Folgen

http://www.jungewelt.de/2006/03-18/003.php

>... Wer will, kann auch die Interessenverflechtung von wichtigen Teilen unserer Wissenschaft ohne Schwierigkeiten nachprüfen. Ich habe in meinem Buch u.a. dokumentiert, wie zum Beispiel der Heidelberger Finanzdienstleister MLP mit den Professoren Raffelhüschen und Rürup wirbt. Auch die Herren Miegel und Sinn sind als Vortragreisende mit dabei .
Immer wenn ich in den Talkshows erlebe, dass solche Personen als Wissenschaftler vorgestellt werden, muss ich deshalb laut lachen. Die Versicherungswirtschaft beteiligt sich auch an der Finanzierung von Instituten unserer angeblichen Wissenschaftler. So gibt es in Mannheim das Institut mea, das von der Versicherungswirtschaft und dem Land Baden-Württemberg finanziert ist. Im Vorstand sitzen gleich zwei Vertreter des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft GDV. Den Vorsitz hat der Vorsitzende des angeblich unabhängigen Sachverständigenrates, Bert Rürup. Das ist ein gutes Beispiel für die Verflechtung.
... Die Schamlosigkeit hat inzwischen so um sich gegriffen, dass die meisten Menschen schon gar nichts mehr dabei finden, wenn die von ihnen gewählten Politiker und Politikerinnen offen für private Interessen eintreten.
... Unter Helmut Kohl wurde seinerzeit z. B. mit der Privatisierung von Rundfunk und Fernsehen eine ideale Plattform installiert, auf der heutzutage die neoliberalen Netzwerke ihre Heilsbotschaften unter das Volk bringen. Die Regierung Schröder hat dieses neoliberale Credo in einem bisher ungekannten Maß umgesetzt und ist genau dann abgetreten, als sie mit ihrer Politik an die Grenzen ihrer politischen Leistungsfähigkeit gelangt war und eine Diskussion über den tatsächlichen Nutzen der Reformen unausweichlich schien. Mit Schwarz-Rot wird nun wieder nicht über eine Rückkehr zur Nachfragepolitik nachgedacht, sondern es werden im Gegenteil weitere sozialstaatliche Errungenschaften zur Disposition gestellt...<
Aus: "Gehirnwäsche der Sonderklasse" - Albrecht Müller über die Riesterrente, die Große Koalition und neoliberale Netzwerke

>Ich skizziere in meinem Buch das Netzwerk, dem die neoliberalen Eliten ihre Macht zu verdanken haben. Das Netzwerk haben sie gut gestrickt, engmaschig, mit zwei Knotenpunkten: der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft und der Bertelsmann-Stiftung. Das reicht weit hinein in Institutionen, die wir bisher für einigermaßen unabhängig hielten – die Wissenschaft, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, die SPD und die Grünen, Union und FDP sowieso. Über dieses Netzwerk lässt sich quasi alles verbreiten. Wir haben es im März erlebt, als eine wahrlich einfältige Studie eines so genannten Berlin-Instituts mit der Behauptung, wir hätten die niedrigste Geburtenrate und noch nie eine so niedrige gehabt, in nahezu allen Medien kommuniziert wurde. Das ist die Unwahrheit – aber das stört offenbar keinen Journalisten mehr. Sie fragen nicht einmal, wer eine solche Studie bezahlt. Im konkreten Fall unter anderem das Krankenversicherungsunternehmen DKV.<
Quelle: http://www.einblick.dgb.de/archiv/0607/tx060703.htm

>Natürlich ist Müllers Buch nicht ohne Schwächen. Einige Leser wird es wohl auf Grund der Heftigkeit der Vorwürfe und der deutlichen Worte abschrecken. Gelegentlich mag man sich zudem eine größere Systematik und eine etwas analytischere Herangehensweise wünschen. Letztlich erhält man auch keinen klaren Aufschluss darüber, welche Faktoren dominierend für das Handeln der gescholtenen Eliten sind und ob es sich tatsächlich überwiegend um ein deutsches Problem handelt.
Der eigentliche Zweck und die Stärke des Buches liegen auch ganz woanders: Es ist eine anregende Anleitung zum kritischen Denken und ein eindringlicher Aufruf, den politischen, wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und journalistischen Eliten auf die Finger zu schauen.<
Quelle: http://spdnet.sozi.info/brandenburg/barnim/finow/index.php?mod=article&op=show&nr=3083&menu=1

>"Von zwei Mädchen, die heute geboren werden, wird eines mindestens 100 Jahre." Das sagte laut Handelsblatt Sozialminister Müntefering.
... es reicht ein Blick auf die Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes, um zu erkennen, dass Münteferings Zahlen nicht stimmen. Die durchschnittliche Lebenserwartung heute geborener Mädchen liegt bei 81,5 Jahren. Aber der Vizekanzler übertreibt so maßlos, weil er sich im Mainstream der Dramatisierer befindet - zusammen mit dem Spiegel, FAZ-Herausgeber Schirrmacher, Professor Raffelhüschen und einem Rattenschwanz von Nachbetern. In einer Werbebroschüre für die Rente mit 67 verwendet auch die SPD abenteuerlich falsche Zahlen, um die Alterung als dramatisch erscheinen zu lassen. Die Bild-Zeitung agitiert seit Monaten unentwegt mit demographischen Horrormärchen gegen die gesetzliche Rente. Das Blatt stellt die redaktionelle Arbeit schamlos in den Dienst des PR-Kooperationspartners Allianz AG. Und der Sozialminister benimmt sich wie der oberste Versicherungsagent.<
Aus: Schock und Horror - SCHAMLOS - Wie das Vertrauen in die gesetzliche Rente zerstört wird:
http://www.freitag.de/2006/11/06110101.php

Zum Thema "Demographie": Gerd Bosbach - Schirrmacher, Der Spiegel und die demografische Entwicklung. Vom unsauberen Umgang mit Fakten:
http://www.single-generation.de/kritik/debatte_kritik_von_bosbach_an_matussek_schirrmacher.htm


machtwahn-mueller
Klappentext:
"Sie sind unteres Mittelmaß, und sie sind rücksichtslos zerstörerisch: unsere »Eliten«. Mit ihren Reformen zerschlagen sie gewachsene Strukturen, ohne zu wissen, wo es hingehen soll. Nacheinander werden der Sozialstaat, unsere Moral, unsere Werte, die Sicherheit der Menschen und die Demokratie zur Disposition gestellt. Rücksichtslos räumen die Eliten ab. Und sie arbeiten auf eigene Rechnung.
Früher waren wir wirtschaftlich und sozial stark, doch die Dummheit der vermeintlichen Führungskräfte und Meinungsmacher beraubt das Land seiner Kraft.
Ein Netzwerk mittelmäßiger Eliten droht uns zu Grunde zu richten. Es sind dieselben, die uns seit Jahr und Tag einreden, dieses Land sei am Ende, damit sie ihr Ideal einer Wirtschaft ohne Regeln besser durchpeitschen können – dabei haben sie die Zustände selbst verursacht, die sie so lauthals beklagen. Es sind die Führungskräfte aus Politik und Publizistik, aus Wissenschaft und Wirtschaft, und sie tragen prominente Namen: Horst Köhler, Angela Merkel, Gerhard Schröder, Friedrich Merz, Josef Ackermann, die Bertelsmann-Stiftung, Roland Berger, Hans-Werner Sinn und viele andere."

Leseprobe: http://www.droemer-knaur.de/sixcms/detail.php?template=druckansicht&id_isbn=3-426-27386-1&id_bpage=extract

Bei Amazon:
http://www.amazon.de/exec/obidos/redirect?link_code=as2&path=ASIN/3426273861&tag=jonsstoryclub-21&camp=1638&creative=6742

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