Mittwoch, 8. März 2006

Noch einmal Astrid Lindgren

Aus: "Niemals Gewalt!!"

>Die Intelligenz, die Gaben des Verstandes mögen zum größten Teil angeboren sein, aber in keinem neugeborenen Kind schlummert ein Samenkorn, aus dem zwangsläufig Gutes oder Böses sprießt. Ob ein Kind zu einem warmherzigen, offenen und vertrauensvollen Menschen mit Sinn für das Gemeinwohl heranwächst oder aber zu einem gefühlskalten, destruktiven, egoistischen Menschen, das entscheiden die, denen das Kind in dieser Welt anvertraut ist, je nachdem, ob sie ihm zeigen, was Liebe ist, oder aber dies nicht tun.<

Astrid Lindgrens Rede anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1978:
http://efraimstochter.de/astridlindgren/friedenspreis_des_deutschen_buchhandels.shtml
DonParrot - 8. Mär, 17:38

Auch da irrte Frau lindgren - meiner Ansicht nach - gewaltig.

Ich frage mich eh schon seit langem, wie Wissenschaftler, die ja sehen, dass wir uns äußerlich so stark unterscheiden wie es ja nun mal der Fall ist, überhaupt auf die Idee kommen können, die inneren Qualitäten seien bei jedem Menschenkind völlig gleich und würden NUR durch die Umwelt geprägt. Da ist doch eindeutig der Wunsch Vater des Gedanken.
Mit Erkenntniss und/oder Logik hat das - so wie ich das sehe - jedenfalls nichts zu tun. Was spricht denn dafür?

Schreibmaschinist_Jon - 8. Mär, 17:56

Wenn ich Dich recht verstehe, nimmst Du Bezug auf die Worte der Frau Lindgren über Intelligenz?!
Da muss man wohl bedenken, aus welcher Zeit dieser Text stammt, 1978, und wie weit die damalige Erforschung des Gehirns oder der Psyche war, bzw. jetzt noch immer nicht ist.
Was die Intelligenz angeht, so ist man, so weit ich weiß, wohl mittlerweile dahin übereingekommen, dass sie zur einen Hälfte angeboren, zur anderen Ergebnis einer sie fördernden, bzw. einschränkenden Umwelt ist.
Der rein biologistische Ansatz ist also ebenso wenig haltbar wie der rein soziologische.
Wäre dem aber so, dass auf die Entwicklung der Intelligenz und auch des Charakters, nicht nur das Angeborene, sondern ebenso die Umwelt Einfluss nimmt, so wäre die Forderung der Frau Lindgren nach einer liebevollen Zuwendung noch immer zutreffend, zumal in einem grausamen Experiment nachgwiesen wurde, bei dem neugeborenen Menschen zwar ausreichend Nahrung, aber keinerlei Ansprache gewährt wurde und sie daraufhin starben, wie wichtig Zusprache für das Menschwerden ist.
Damit ist der Erweis erbracht, dass der Mensch nicht vom Brot allein lebt, sondern liebevollen Umgang braucht, soll er zu einem rundum gesunden Mitglied der menschlichen Gemeinschaft heranwachsen und nicht zu einer destruktiven, gefühlskalten Menschmaschine.
Frau Lindgren täuscht sich also vielleicht in ihrer Auffassung von Intelligenz, nicht aber in ihrer Auffassung einer humanen Gesellschaft.
DonParrot - 8. Mär, 18:04

Das der Mensch zum Über/Leben Liebe und Zuwendung braucht, lieber Jon, da sind wir vollständig einer Meinung. Ohne verkümmern wir und krepieren elendig.

Der einzige Unterschied - in diesem Punkt - zwischen unseren Ansichten ist, dass ich glaube, dass es gerade diese Liebe ist, die die Eltern dazu zwingt, ihr Kind gelegentlich auch körperlich zu strafen, um Schlimmeres zu verhindern - während du denkst, dass die körperliche Strafe die Wurzel allen Übels ist.

Und auch bei der 50/50 was Anlagen und äußere Einflüsse bestimmt, kann ich mich deiner Ansicht anschließen.
Schreibmaschinist_Jon - 8. Mär, 18:26

;-) Widerspruch, lieber Don:

Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein liebender Mensch sich dazu gezwungen sehen kann, sein Kind zu "strafen", wenn er doch die Möglichkeit hat, kraft seiner erwachsenen Vernunft, die Einsichtsfähigkeit seines Kindes verständnis- und rücksichtsvoll zu erkennen und mit diesem liebevoll zu einem für beide tragbaren Kompromiss zu finden.
Liebe mit Gewalt zu verbinden ist für mich ein absolutes Absurdum, das sich vollkommen ausschließt und letztlich beiden Beteiligten schadet, dem Opfer und dem Täter, denn beide werden durch die Gewalt entmenschlicht, der eine passiv, der andere aktiv.
Liebe kann fürmich niemals etwas mit Gewalt zu tun haben, denn sie schließt den, dem Gewalt angetan wird als ebenbürtigen und gleichberechtigten Menschen aus, erklärt ihn zwangsläufig zu einem Menschen, der unter dem Gewalttätigen steht oder gleich zu einem "Untermenschen", wie im "Dritten Reich", denn der Gewalttätige legitimiert sich und seine Gewaltübergriffe, indem er ja "nur das Beste" für den anderen will, doch ohne ihn zu fragen.
So steckt hinter der Gewaltausübung immer auch ein großes Maß an Arroganz gegenüber fremden Daseins, an Mißachtung anderen Lebens und Selbstüberschätzung in höchstem Maße.
Dasalles hat nichts mit Liebe zu tun, denn wer liebt, sucht den anderen zu verstehen, ihn wahrzunehmen und zu lieben wie er ist, ihn in dem, was dieser sich erwünscht zu fördern und zu lenken, ohne sich dabei selbst aufzugeben.
Natürlich identifiziert ein Kind sich mit den gewalttätigen Eltern, weil es ihnen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert und vollkommen abhängig von ihnen ist und glaubt stets an die Liebe seiner destruktiven Eltern, weil es andernfalls vollkommen am Elend seiner Einsamkeit und dem absoluten Ausgeliefertsein verzweifeln müsste, bis es selbst im Schlagen der Eltern eine liebevolle Zuwendung sieht, die es aber de facto nicht ist, sondern den Begriff von Liebe so lange ins Gegenteil verkehrt, bis sich das Kind als Erwachsener davon befreit hat oder die selben Fehler ad infinitum wiederholt.
Keine Liebe der Welt zwingt Menschen zur Gewalt, sondern im Gegenteil zum vernünftigen Umgang miteinander.
Schreibmaschinist_Jon - 8. Mär, 18:40

So, lieber Don,

jetzt muss ich leider die spannende und anregende Diskussion mit Dir beenden, da ich seit einigen Tagen sehr stark erkältet bin und bis zum Rand voller Antibiotika stecke ;-), damit also zu erschöpft bin, mich heute mit Dir weiterhin im positiven Sinne zu streiten, was mir Spaß macht, ich aber gern auf den nächsten Tag verschieben möchte, ohne mich geschlagen zu geben ;-)

Ich wünsche Dir und Deiner Liebsten noch einen schönen Abend voller "Muckeligkeit"

Jon
DonParrot - 8. Mär, 18:47

Lieber Jon - Liebe hat in meinen Augen aber nun wirklich gar nichts mit Gleichberechtigung zu tun. Wann immer ich eines meiner Haustiere begraben musste, habe ich bitterlich geweint, denn ich habe jedes von ihnen von Herzen geliebt.

Und natürlich werde ist ein Kind seinen Eltern gegenüber nicht gleichberechtigt, darf es auch gar nicht sein. Denn um in dieser gefährlichen Welt überleben zu können, braucht es jemanfden der es beschützt. und dieser Schutz kann natürlich nur gewährleistet werden, wenn es sich den Anweisungen seiner Altvorderen fügt - ob es die nun für vernünftig hält oder nicht.

So manches Mal frage ich mich sogar, ob es gut und richtig ist (für alle anderen aber auch für sie selbst), dass Menschen, die ihre Bildung und Informationen aus der Blöd und ähnlichen Pamphleten ziehen. die gleichen POLITISCHEN Rechte haben wie die, die sich wirklich Gedanken um den Staat und die Lösung seiner probleme machen. Und auch aus dieser Gruppe kenne und liebe ich Menschen.

Zum Thema Gewalt werde ich mich nicht mehr äußern, weil das zu nix führt.
DonParrot - 8. Mär, 18:54

Na, da wünsche ich aber gute Besserung und alles.

Bis übermorgen also, denn morgen fahr ich nach Köln zu 'His Schmidtness'
Schreibmaschinist_Jon - 9. Mär, 12:39

Du hast recht: Gewalt führt zu nichts! ;-)
Liebe ohne Gleichberechtigung? Wie soll das denn wirklich gehen?
Mit Gleichberechtigung ist doch nicht Gleichmacherei gemeint, jedenfalls nicht von mir, sondern im Gegenteil, das Anerkennen der Andersartigkeit des geliebten Menschen, ihn so anzunehmen, wie er ist, natürlich ohne sich selbst aufzugeben.
Die Liebe zu einem Haustier ist für mich eine andere als die eines Vaters zu seinem Kind, als die eines Sohnes zu seinem Vater, als die unter Freunden usw. Liebe ist für mich nicht gleich Liebe, sondern hat, so verschieden diejenigen sind, die ich liebe, eben auch verschiedene Qualitäten, die nicht miteinander vergleichbar sind.
Natürlich sind Kinder ihren Eltern gegenüber gleichberechtigt, sollten es jedenfalls sein; gerade das fordert die Verantwortlichkeit der Eltern. Eltern haben vielleicht anfangs einen weiteren Horizont was die Einschätzung verschiedener Situationen angeht, können also z.B. Gefahren vom Kind abwenden, die dieses selbst nicht so wahrnehmen kann, doch sollten sie dies als echte Autorität machen und nicht autoritär. (Siehe hier: http://jon.twoday.net/stories/1568847/ )
Und dass auch Menschen wählen dürfen, die sich geistig hauptsächlich fehlernähren, indem sie BILD konsumieren, ist eine Errungenschaft der Demokratie, die wohl niemand allen Ernstes abschaffen möchte.

Viel Spaß bei Onkel Harald, wenn ich dich recht verstanden habe und danke für die Genesungswünsche.

JON

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