Donnerstag, 2. März 2006

Leselink: Lebensplanlos

Ja, mach nur einen Plan,
Sei nur ein großes Licht!
Und mach dann noch 'nen zweiten Plan
Geh'n tun sie beide nicht

(Bertolt Brecht, "Dreigroschenoper")


>Wenn wir einmal alt sind …
… ja, was dann? Fest steht nur: Die Zeiten, als uns der Staat die unverrückbare Verlässlichkeit unserer Lebensplanungen garantierte, sind endgültig vorbei. Heute herrscht eine Ideologie der flexiblen Selbstständigkeit - ohne doppelten Boden< von Christian Semler in der "taz":
http://www.taz.de/pt/2006/03/02/a0112.1/text
DonParrot - 2. Mär, 13:49

Gott, was für eine abscheuliche Vorstellung: eine über 50 oder 60 Jahre angelegte Lebensplanung, die auch noch vom Staat garantiert (und damit vermutlich auch beeinflusst) werden soll.

Dann doch lieber ohne Netz und doppelten Boden. Also wirklich...

Schreibmaschinist_Jon - 2. Mär, 15:46

;-) Dann viel Spaß

beim American Way Of Life des „survival of the fittest“.

"Der Staat ist für die Menschen und nicht die Menschen für den Staat." - Albert Einstein

Auch sehr interessant:
http://de.wikipedia.org/wiki/Sozialdarwinismus
DonParrot - 2. Mär, 16:20

Darüber könnten wir nun ausgiebigst diskutieren, Jon. Aber ich denke, wer wie ich seine Freiheit über alles schätzt, sollte dann auch nicht erwarten, dass ihn der Staat auffängt, wenn er sein Leben an die Wand fährt.

Wer allerdings bereit ist, dem Staat die Kontrolle über sein Leben zu überlassen, darf das sehr wohl erwarten.

Ich für meinen Teil verlasse mich da lieber auf die wenigen echten Freunde, die wissen, dass sie sich gegebenenfalls genauso auf mich verlassen können.
C. Araxe - 2. Mär, 16:29

Nur leistet man, ob man will oder nicht, doch seinen Beitrag für diesen Staat. Mag ja sein, dass man meint vollkommen autark zu sein, meinen deshalb, weil diese Meinung z.B. spätestens bei einem schwereren Krankheitsfall revidiert werden muss (Ja, O.K. - es gibt auch Leute, die haben wirklich genug Geld für alles), aber diesem Staat kann man sich nicht entziehen, bei dem, was er von einem fordert. Naheliegendes Beispiel: Steuern.
DonParrot - 2. Mär, 16:38

Das ist mir schon klar. Ich will mich ja auch gar nicht völlig verweigern. Schließlich benutze ich auch die Straßen und andere vom Staat finanzierte Dinge.

Aber ich möchte halt selbst entscheiden, was ich mit meinem Leben tue, wie gesund oder ungesund ich lebe und was auch immer.

Und wer dem Staat möglichst wenig Einfluss auf sein Leben gewähren will - wie ich - der sollte meiner Ansicht nach auch nicht den Staat verantwortlich machen und um Hilfe anbetteln, wenn's dann schief gegangen ist. Das hat für mich auch nicht viel mit 'Survival of the Fittest' sondern mehr mit Eigenverantwortung und Eigenverantwortlichkeit zu tun.
Schreibmaschinist_Jon - 3. Mär, 10:47

Natürlich könnten wir

über dieses Thema endlos debattieren und letztendlich zu keinem, alle befriedigenden Ergebnis kommen.
Deshalb nur einige meiner Gedanken:
Von welcher "Freiheit" ist aber hier die Rede, wenn Du, lieber Don, von mehr Eigenverantwortung sprichst?
Von was möchtest Du innerhalb einer komplexen Gemeinschaft, in der auch Du lebst, frei sein?
Weitestgehende Selbstbestimmung des Lebensweges sollte in einem "gesunden" Staat möglich sein; doch andererseits macht das Leben in einer Lebensgemeinschaft und sei es eine Partnerschaft, Kompromisse erforderlich, die ein Zusammenleben erst ermöglichen.
Und wie in einer guten Partnerschaft sollten alle Beteiligten gemeinsam in vernünftigen Gesprächen zu ebendiesen Absprachen finden.
Die Freiheit des Individuums kann also nur so weit gehen, wie sie nicht die Freiheit eines anderen einschränkt, sonst handelt es sich nicht mehr um eine echte Partnerschaft, sondern um ein Herrschafts-, Knechtschaftsverhältnis.
Freiheit ist also stets begrenzt, wenn man nicht vollkommen isoliert von jeder menschlichen Gemeinschaft leben will.
Und genau an dieser Mitsprache kann man den Stand einer Demokratie messen:
Wie sehr ist der einzelne Bürger in Entscheidungen einbezogen, hat er ein Recht auf Mitbestimmung, um seine Interessen vertreten zu sehen?
So wie Du nicht möchtest, dass Dir der Staat die Selbstbestimmung über Dein Leben aus der Hand nimmt, so sehr möchte ich, dass der Staat demokratischer wird und nicht von Interessenvertretern, die nicht die meinen sind, manipuliert wird und Gesetze verabschiedet, die ebendiese Selbstbestimmung einschränkt.
Für mich sind Freiheit des Einzelnen und Staat also nicht per se unvereinbare Gegensätze, sondern im stetigen Kompromiss zu vereinbarende Standpunkte.
Meiner Meinung nach hat Deine Argumentation schon etwas mit dem survival of the fittest zu tun, denn nicht jeder hat die Chance und Kraft, sein Leben, wie Du es nennst, "eigenverantwortlich", zu gestalten. Dies bleibt den Stärksten überlassen, allerdings nur so lange, wie sie "stark" bleiben, wie es C.Araxe schon andeutet.
Damit findet eine Selektion im Sinne des Sozialdarwinismus statt, die nichts mit Menschlichkeit zu tun hat, die, bis zur letzten Konsequenz durchdacht und fortgeführt, nicht dem Erhalt der Menschheit dient, sondern zu ihrer Zerstörung führt.
Und welch ein inhumanes Menschenbild verbirgt sich hinter dem Begriff der in letzter Zeit von den Konservativen so vollmundig propagierten "Eigenverantwortung", wenn damit gemeint ist, dass jeder, der in dieser Gesellschaft scheitert, aus welchen Gründen auch immer, sehen soll, wo er bleibt, bzw. verrecken darf oder als bettelnder Obdachloser dahinvegetiert.
Mal abgesehen davon, dass dies den Allgemeinen Menschenrechten widerspricht, sollte sich jeder fragen, ob er in einer solchen Gemeinschaft oder einem Staat leben möchte, der sich dementsprechend weiterentwickelt, weil es angeblich wirtschaftlich opportun ist.
Ich will es nicht!
Denn für mich kann wahre Freiheit nur in einer humanen Gesellschaft stattfinden, in der jeder Mensch weitestgehend nach seinen Möglichkeiten leben kann und dahingehend gefördert und unterstützt wird.

Viele Grüße

Jon

JON

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