Frankfurter Buchmesse
Frei nach dem unschlagbaren Motto "Wer nichts mehr zu sagen hat, der schreibt", stellt wohl auch in diesem Jahr die Frankfurter Buchmesse die Folgen allgemeiner Verunsicherung angesichts der propagierten Realität der zwiegespaltenen Leserschaft vor.
Während die einen sich den vorgeblich opportunen Sachzwängen nicht mehr verweigern, sich als voll reformwillig und neoliberal bekehrt geben und sich wie die Lemminge auf die inhaltlich immer gleichen Sachbücher stürzen, die sie gebetsmühlenartig argumentativ dem ungläubigen Sozialromantiker um die humanistisch betäubten Ohren schlagen, stecken die anderen lieber weiter mit irgendeinem Büchlein den Kopf in den Sand, denn, wir wissen es alle, die Welt ist zu schlecht, als dass wir nicht vor ihr ins Phantastische oder geschmäcklerisch Patriotische flüchten dürften.
Denn Bücher, das sagte ausgerechnet schon Brecht, sollen auch unterhalten.
Was kann daran also falsch sein, wenn sie dies ausschließlich tun?
Überhaupt ist das Buch eine Ware, die, ebenso wie das "Frankfurter Würstchen", angepriesen werden muss, um nicht im Regal zu verrotten, sondern gekauft und konsumiert zu werden.
Und bei über achtzigtausend Neuerscheinungen pro Jahr muss dem Leser ein wenig Appetit gemacht werden, sonst verdirbt er sich an der überreichlichen Kost noch den Magen.
Da heißt es, den kleinsten gemeinsamen Geschmack zu treffen und so spiegelt jede Buchmesse wohl auch den vorherrschenden Mainstream wider, gibt Auskunft über den zu diagnostizierenden geistigen Zustand einer schon in zwei Klassen gespaltenen Gesellschaft.
So verstanden könnte also der Soziologe ohne umfangreiche Studien betreiben zu müssen, anhand der Bestsellerlisten ablesen, wie es ums Volksempfinden bestellt ist und wohin die Reise gehen wird.
Denn: Sage mir was du liest und ich sage dir wer du bist.