>... Seit jeher birgt das Prinzip der Toleranz zwei innere Probleme. Das eine hat man bereits im 18. Jahrhundert auf dem Begriff des "Toleranzparadoxes" gebracht - dass man nämlich nichttolerante Menschen oder Gruppierungen nicht tolerieren dürfe.
Das andere benennt erst Herbert Marcuse als "repressive Toleranz" - wo die Meinungen oder Lebensformen der Anderen durch eine Kategorisierung in die Irrelevanz abgeschoben, quasi gettoisiert werden. Positiv folgt daraus, dass Toleranz nur vernünftig ist, wenn sie erstens auf Gegenseitigkeit beruht und wenn zweitens zwischen den Personen oder Gruppen, die verschiedene Auffassungen haben, auch ein kritischer Diskurs möglich ist...
Das Toleranzprinzip
Der Islam wird in Europa faktisch geduldet, ohne dass man seine Inhalte auch nur zur Kenntnis nimmt, und der Islam nimmt die öffentliche Toleranz in Anspruch, ohne sich für die Prinzipien, die diese Toleranz möglich machen, nämlich Laizismus und Gewaltverzicht, einzusetzen und sich einer kritischen Diskussion zu stellen.
Toleranz ist nur vernünftig, wenn sie auf Gegenseitigkeit beruht und wenn zwischen Personen, die unterschiedlicher Auffassung sind, ein kritischer Diskurs möglich ist.
Im Sinne des Laizismus müssen die europäischen Staaten darauf bestehen, dass religiös sanktionierte Sitten wie Ehrenmord, Zwangsehe und die Beschneidung von Frauen nicht ausgeübt werden dürfen.
Der Islam muss sich einem kritischen Diskurs öffnen, damit seine Kritik an der westlichen Lebensform überhaupt ernst genommen wird.
Autorin Farideh Akashe-Böhme ist promovierte Soziologin.<
Quelle:
http://www.fr-aktuell.de/ressorts/kultur_und_medien/feuilleton/?cnt=850372