Montag, 19. Dezember 2005

Praxis Dr. med. Al Bern - Die ultimative Arztserie - Teil II: Ehe

„Doktor Bern, ich arbeite jetzt schon seit drei Wochen bei Ihnen und es war noch kein einziger Patient da.“
„Meine liebste neue Sprechstundenhilfe, Patient kommt von ‚patientis’ und heißt Geduld. Sind noch ein paar Hummerbrote da? Diese Frage ist viel entscheidender für die Existenz der Praxis. Denn nur ein satter Arzt ist ein guter Arzt.“
„Ich mache mir eigentlich keine Sorgen um die Praxis, aber um die Fenster. Kann ich sie nicht doch einmal putzen? Bitte, bitte, bitte ...“
„Nein, nein, nein, meine Liebste, das können wir uns auf keinen Fall erlauben. Was sollen denn unsere Patienten denken, wenn die Sprechstundenhilfe die Fenster putzt? Und Sie werden mir nachher noch rückfällig.“
„Chef, bei aller Liebe, aber es heißt nicht ‚Sprechstundenhilfe’, sondern ‚Medizinisch technische Assistentin’, bitte.“
„Das kostet Sie aber ein Fläschchen Sekt extra pro Tag. Haben Sie schon ein Stückchen Seife ins Treppenhaus gelegt?“
„Die Seife ist schon aus. Wir haben nur noch flüssige Schmierseife ...“
„Hervorragend. Also, nicht verzagen und frisch ans Werk, meine schönste und einzige MTA, die Stufen eingeseift.“
„Jawoll, Herr Doktor, gerne.“
„Und rücken Sie Ihre Brust zurecht; sie hängt schief.“
„Oh, ja, danke Chef.“
„Keine Ursache. Wo ist denn nur das Handy dieser schlampigen Sprechstundenhilfe? Ah, ja. Hallo Brian, wie steht der Kurs bei euch in New York. Was? Das ist ja abstoßend!“
„Chef, ich habe sämtliche Stufen eingerieben.“
„Ja, ja, gut, dann können Sie ja jetzt in den Feinkostladen an der Ecke gehen und mir einen Karton Sekt holen. Ihr Geld finden Sie in meiner Schublade. Aber denken Sie an die Quittung, ich rechne nach. Und bringen Sie mir bei der Gelegenheit noch so´n paar leckere Pralinen mit, aber nur die ganz frischen belgischen, klar?“
„Aber gerne Chef, für Sie tue ich doch alles.“
„Selbstverständlich und nun die Tür zu, ich telefoniere.“
„Oh, Entschuldigung.“
„Okay Brian, wir reden später noch einmal über meine Aktien. Ich muss schnell den Kühlschrank plündern, bevor meine hungrige Sprechstundenhilfe das tut. See You.“

„Hilfe, Hilfe, Vorsicht.“
„Hoppla, was kommt denn da hereingerauscht. Wenn das nicht mal eine leckere Patientin ist. Hab dich.“
„Oh, vielen Dank. Sie haben mir das Leben gerettet.“
„Selbstverständlich. Wozu bin ich sonst Arzt geworden, wenn nicht dafür, eine schrecklich attraktive Blondine mit üppigen Rundungen vor dem plötzlichen Treppentod zu bewahren?!“
„Sie sind tatsächlich Arzt?“
„Ja, fühlen Sie zum Beweis meine Hände.“
„Die sind ja eiskalt.“
„Sehen Sie, ich bin Arzt.“
„Sie müssen Frauenarzt sein. Nur die haben so schrecklich kalte Finger.“
„Um zu sparen stecke ich sie vor jeder Untersuchung ins Tiefkühlfach, weil diese Desinfektionslösungen so schweineteuer sind.“
„Wo ich schon einmal da bin, können Sie mich bitte untersuchen? Ich habe immer so ein Ziehen im linken Auge.“
„Dann folgen Sie mir unauffällig ins Behandlungszimmer Extra-3, da steht meine Ledercouch. Sie mögen doch Leder?“
„Ich, ich weiß nicht ...“
„Das werden wir gleich heraus finden. Sie werden sehen, der animalische Geruch, die Kühle des naturbelassenen Bezuges und meine tropische Hitze werden auch Sie zum Leder bekehren. So, machen Sie sich bitte hinter dem Paravent frei.“
„Aber ich hab´s doch am Auge.“
„Sie vielleicht, ich aber nicht. Deshalb muss ich mich auch voll und ganz davon überzeugen, dass Ihr Augenleiden nicht etwa von einer Schiefstellung Ihrer Hüften herrührt. Also, legen Sie bitte ab, Gnädigste und überlassen Sie mir Ihre Kleidung zu einer umfassenden Voruntersuchung.“
„Das scheint mir aber eine äusserst ungewöhnliche Art und Weise der Diagnose zu sein?!“
„Ja, aber Sie haben bestimmt auch noch nichts von der ‚Bern´schen Ganzheitsmethode’ gehört: Gib mir, was du in den Taschen hast und ich sage dir, ob ich dich behandele.“
„Die Unterwäsche auch, Herr Doktor?“
„Gerade die Unterwäsche ist am wichtigsten für mich. Mit der mache ich immer das meiste Geld bei Internet-Versteigerungen.“
„Herr Doktor, was machen Sie denn hier, hinter dem Paravent?“
„Ich ziehe mich aus. Oder glauben Sie, ich stelle mich nackt mitten ins Zimmer?“
„Aber wozu ziehen Sie sich aus, Herr Doktor?“
„Das gehört auch zu meiner Therapie. Es fördert das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und attraktiver Patientin.“
„Sie sind ja ein ganz schlimmer Finger, Doktor Bern.“
„Sagen Sie Al zu mir.“
„Al, von Alfred oder Albert?“
„Nein, von Alimente. Wenn Sie´s lieber exotisch mögen, können Sie mich auch Ali nennen.“
„Wie romantisch. Huch, Sie haben aber wirklich eiskalte Finger.“
„Na dann, Arme hoch, jetzt herunter. In zehn Minuten haben Sie sie unter Ihren Armen aufgewärmt.“
„Ach, Ali, Ali, Ali ...“
“Wollen Sie meine Frau werden?”
„Aber Sie tragen doch schon einen Ehering.“
„Pure Sentimentalität. Meine Frau kam bei einem Flugzeugabsturz ums Leben.“
„Wie tragisch.“
„Am tragischsten ist, dass man bis heute nichts von ihr gefunden hat.“
„Oh, mein Ärmster, wie schrecklich.“
„Ärmster stimmt und schrecklich ist, dass die Lebensversicherung bis heute nicht gezahlt hat.“
„Das ist ja entsetzlich.“
„Und ich bekomme diesen dämlichen Ring nicht mehr ab.“
„Soll ich es vielleicht mal versuchen?“
„Ja, aber nicht runterschlucken. Ich will ihn noch versetzen.“
„Geschafft.“
„Also wollen Sie meine Frau werden oder nicht? Entscheiden Sie sich schnell, ich habe noch einen wichtigen Termin bei meinem Steuerberater.“
„Sie sind aber ein ganz Flotter, Herr Doktor Ali.“
„Was lange währt, ist selten gut.“
„Ja, ich glaube, ich sage ja.“
„Gut, dann geben Sie mir noch schnell Ihren Diamantring, Ihre juwelenbesetzte Armbanduhr, das Perlenkollier und Ihre Autoschlüssel. Ich bestell schon mal das Aufgebot.“
„Lieben Sie mich denn überhaupt, Herr Doktor Bern?“
„Darüber können wir uns auch noch nach der Scheidung unterhalten. Jetzt lassen Sie bitte meine Hände wieder los, damit ich heute noch ins Pfandhaus komme.“
„Ich heiße übrigens Helga.“
„Macht nichts, Sie können gerne meinen Namen annehmen. Packen Sie mir bitte noch Ihre Kleidung ein, Ihren Arbeitskittel finden Sie in der Waschmaschine.“
„Sie möchten, dass ich für Sie arbeite?“
„Das gehört ebenfalls zu meiner Therapie. Kostet Sie auch nur unwesentlich mehr.“
„Sie sind so gut zu mir ...“
„Ja, aber lassen Sie die Finger vom Kühlschrank. Da sind ausschließlich hochwirksame Lebensmittelproben drin, die nur mein Arztmagen verkraften kann.“
„Sehen wir uns denn noch heute?“
„Ich glaube nicht, dass ich es bis heute Abend schaffe, all das Bargeld auszugeben, das ich in Ihrer Handtasche gefunden habe. Aber Sie können gerne auf meiner Ledercouch übernachten, wenn Sie hier aufgeräumt haben.“
„Ich warte schon jetzt sehnsüchtig auf Sie, mein süßer Ali.“
„Wenn das so ist, komme ich erst nächste Woche wieder. Da ist die Sehnsucht dann noch größer und ich bin dann noch süßer.“
„Sie verstehen wirklich was von Frauen.“
„Das kann man wohl sagen, mein schmuckes Goldeselchen, du. Adschö.“
„Adschö, du mein Traum von einem Arzt. Ich liebe dich.“ © 2003 Jon

Praxis Dr. med. Al Bern - Die ultimative Arztserie - Teil I: Die MTA
Link: http://jon.twoday.net/stories/1291025/

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