Drei Kurzdramen des banalen Alltags
I
Allmählich überfiel ihn ein bleischweres Gefühl absoluter Mattigkeit.
Er wusste, dass nun der Zeitpunkt gekommen war.
Der richtige Zeitpunkt für ein Butterbrot mit Tomaten und Käse.
Doch wer hatte wieder einmal die Remoulade aufgebraucht, fragte er sich angesichts des leeren Kühlschranks.
II
Hatte er seinen ersten Hunger wohl mit zwei käse- und tomatenbelegten Broten gestillt, so blieb doch eine langanhaltende und damit ausreichende Sättigung aus.
Abermals wankte er zum Kühlschrank und zog mit zitternden Händen an der sich sperrenden Gemüseschublade.
Hier hatte er vor Wochen hinter diversen harmlos erscheinenden Lebensmitteln geringer Qualität eine köstliche Leberwurst vor ihrem Zugriff gesichert.
Doch was er nun fand, war zu einem in Farbe und Konsistenz undefinierbaren Werk beuys´scher Objektkunst mutiert.
Er erkannte, dass es sich um die natürliche Metamorphose einer deliziösen Leberwurst in ein Miniaturbiotop verschiedenster Lebewesen aufgrund längst überschrittenen Verfallsdatums handelte und beschloss, diese hervorragende, wenn auch nicht seine, Arbeit angemessen zu rahmen und alsbald der kulturinteressierten Öffentlichkeit als ein Meisterwerk des postdadaistischen Neoeklektizismus zu präsentieren.
Doch sollte er nun, nur weil sein Leibgericht verdorben dem Genuss abträglich schien, zu diesen häßlich gekrümmten, gelben und weichfleischigen Südfrüchten greifen, die ein knackendes Enthüllen, verbunden mit eventueller Klebrigkeit ihres bizzaren Inhaltes von jedem, der sie verzehren wollte, erwarteten?
III
Hatte der Verzehr einer halbreifen Banane für eine einigermaßen erholsame Nachtruhe gesorgt, wurde diese jedoch vom lärmenden Kratzen, Hämmern und Rufen der sich durch den ersten Schnee kämpfenden Gerüstbauer, die sich an seinem Haus zu schaffen machten, jäh gestört.
"Ich halte diese Scheißkälte nicht mehr aus," hörte er den einen rufen, doch das Schrauben an der von Alter, Bergschäden und Witterung geschundenen Fassade wollte nicht enden.
Dennoch bestand Hoffnung; das Gerüst wurde nun nach zweieinhalb Monaten künstlicher Verdunkelung und ständiger Lärmbelästigung abgebaut und entfernt.
Oder täuschte er sich diesbezüglich nur und diese an sich netten Bauhandwerker veränderten lediglich die Form, um weiteren Facharbeitern, wie etwa Malern und Maurern besseren Zugriff zur Renovierung des rissigen Mauerwerks zu ermöglichen? © 2004 Jon
Allmählich überfiel ihn ein bleischweres Gefühl absoluter Mattigkeit.
Er wusste, dass nun der Zeitpunkt gekommen war.
Der richtige Zeitpunkt für ein Butterbrot mit Tomaten und Käse.
Doch wer hatte wieder einmal die Remoulade aufgebraucht, fragte er sich angesichts des leeren Kühlschranks.
II
Hatte er seinen ersten Hunger wohl mit zwei käse- und tomatenbelegten Broten gestillt, so blieb doch eine langanhaltende und damit ausreichende Sättigung aus.
Abermals wankte er zum Kühlschrank und zog mit zitternden Händen an der sich sperrenden Gemüseschublade.
Hier hatte er vor Wochen hinter diversen harmlos erscheinenden Lebensmitteln geringer Qualität eine köstliche Leberwurst vor ihrem Zugriff gesichert.
Doch was er nun fand, war zu einem in Farbe und Konsistenz undefinierbaren Werk beuys´scher Objektkunst mutiert.
Er erkannte, dass es sich um die natürliche Metamorphose einer deliziösen Leberwurst in ein Miniaturbiotop verschiedenster Lebewesen aufgrund längst überschrittenen Verfallsdatums handelte und beschloss, diese hervorragende, wenn auch nicht seine, Arbeit angemessen zu rahmen und alsbald der kulturinteressierten Öffentlichkeit als ein Meisterwerk des postdadaistischen Neoeklektizismus zu präsentieren.
Doch sollte er nun, nur weil sein Leibgericht verdorben dem Genuss abträglich schien, zu diesen häßlich gekrümmten, gelben und weichfleischigen Südfrüchten greifen, die ein knackendes Enthüllen, verbunden mit eventueller Klebrigkeit ihres bizzaren Inhaltes von jedem, der sie verzehren wollte, erwarteten?
III
Hatte der Verzehr einer halbreifen Banane für eine einigermaßen erholsame Nachtruhe gesorgt, wurde diese jedoch vom lärmenden Kratzen, Hämmern und Rufen der sich durch den ersten Schnee kämpfenden Gerüstbauer, die sich an seinem Haus zu schaffen machten, jäh gestört.
"Ich halte diese Scheißkälte nicht mehr aus," hörte er den einen rufen, doch das Schrauben an der von Alter, Bergschäden und Witterung geschundenen Fassade wollte nicht enden.
Dennoch bestand Hoffnung; das Gerüst wurde nun nach zweieinhalb Monaten künstlicher Verdunkelung und ständiger Lärmbelästigung abgebaut und entfernt.
Oder täuschte er sich diesbezüglich nur und diese an sich netten Bauhandwerker veränderten lediglich die Form, um weiteren Facharbeitern, wie etwa Malern und Maurern besseren Zugriff zur Renovierung des rissigen Mauerwerks zu ermöglichen? © 2004 Jon
Schreibmaschinist_Jon - 18. Dez, 18:47