Leselink: Eros, Ludus, Storge, Pragma, Mania oder Agape?
Welches ist Ihr Liebesstil?
Wie es Lebensstile gibt, so gibt es auch Liebesstile. Sechs unterschiedliche Liebesstile formulierte der Soziologe John Alan Lee in den Siebzigern:
Eros, Ludus, Storge, Pragma, Mania und Agape.
Ergründen Sie, welcher Liebestyp Sie sind und entdecken Sie, mit welcher Einstellung Sie sich auf die Liebesreise begeben. Quelle und Test
Projekt „Enge Beziehungen“
Bei dem Projekt „Enge Beziehungen“ handelt es sich um eine Längsschnittstudie zum Thema Partnerschaft und Liebe. Die Studie läuft mittlerweile seit zehn Jahren. In unregelmäßigen Abständen haben die Teilnehmer dieser Studie Fragen zu ihrer Partnerschaft mittels Fragebögen beantwortet. Insgesamt wurden die Personen sieben Mal befragt, wobei die erste Befragung im April 1995 stattfand und die letzte im Februar/März 2005.
Liebe – ein Begriff, den die meisten Menschen mit sehr konkreten Vorstellungen verknüpfen. Dennoch wird man bei genauerer Betrachtung sehr schnell feststellen, dass Menschen durchaus unterschiedliche Auffassungen über die Liebe haben. So mag für den einen Menschen Leidenschaft und Sexualität im Vordergrund stehen, eine andere Person spricht demgegenüber vielleicht von der großen Liebe, wenn sie den Menschen gefunden hat, der ihre Interessen teilt und mit dem sie ihre Träume wie z.B. ein schönes gemeinsames Haus verwirklichen kann.
Vorstellungen über die Liebe sind sehr individuell. Geprägt werden sie durch kulturelle Tendenzen einerseits und durch persönliche Erfahrungen andererseits. Ein richtiges oder falsches Verständnis von der Liebe gibt es nicht. Der kanadische Soziologe John Alan Lee (1976) hat den Versuch unternommen, unterschiedliche Formen der Liebe zu klassifizieren, und nennt in seinem Buch „Colors of Love“ sechs Liebesstile (wenn im Folgenden vom Partner die Rede ist, ist selbstverständlich immer auch die Partnerin gemeint):
Romantische Liebe (Eros): Hier steht das Gefühl der Verliebtheit im Vordergrund. Die geliebte Person wird als sehr attraktiv wahrgenommen, löst physiologische Erregung und sexuelles Interesse aus. Der romantisch Verliebte sehnt sich danach, dem anderen möglichst oft nahe zu sein, er möchte dem Partner viel von sich selbst mitteilen und viel von ihm erfahren. Auch das Phänomen der Liebe auf den ersten Blick fällt hierunter.
Besitzergreifende Liebe (Mania): Dieser Liebesstil stellt eine Steigerung der romantischen Liebe dar. Auch hier spielen Sexualität und Leidenschaft eine wichtige Rolle. Darüber hinaus wird der Partner zum absoluten Lebensmittelpunkt. Die geliebte Person erscheint vollkommen und man kann sich nicht vorstellen, ohne sie zu leben. Die dauernde Fokussierung auf den Partner ist häufig auch mit Gefühlen der Eifersucht verbunden.
Freundschaftliche Liebe (Storge): Diese Form der Liebe entsteht aus einer längeren Bekannt- schaft heraus. Über gemeinsame Interessen und Freizeitaktivitäten baut sich allmählich eine Verbindung auf. Sexuelle Anziehung entwickelt sich erst im Laufe der Zeit. Die Beziehung ist durch Toleranz, Vertrauen und Respekt gekennzeichnet.
Spielerische Liebe (Ludus): Dieser Liebesstil steht für sexuelle Freiheit und Ungebundenheit. Es wird keine feste Verbindung mit Verpflichtungen angestrebt, sondern Spaß und Abwechslung stehen im Vordergrund.
Pragmatische Liebe (Pragma): Bei der pragmatischen Liebe spielen in erster Linie Vernunftgründe eine Rolle für das Eingehen einer Beziehung. Ein typischer Grund könnte der Kinderwunsch sein, der leichter mit einem festen Partner zu realisieren ist oder aber man möchte sich eine größere Wohnung leisten. Pragmatisch Orientierte haben eine Reihe von Eigenschaften vor Augen, die ihr zukünftiger Partner besitzen sollte. Wenn sie dann auf eine solche Person treffen, sind sie bereit, eine längerfristige Bindung aufgrund einer soliden Basis einzu- gehen. Gefühle spielen hier keine so große Rolle.
Altruistische Liebe (Agape): Hier steht das Wohl der geliebten Person über dem eigenen Wohlergehen. Man steht dem Partner bei, auch wenn dies auf Kosten eigener Interessen geht. Hilfsbereitschaft bis hin zur Opferbereitschaft sind wichtige Komponenten des partnerschaftlichen Zusammenseins.
Die meisten Menschen lassen sich bezüglich ihrer Partnerschaft nicht nur durch einen Liebesstil beschreiben, häufig liegt eine Kombination verschiedener Liebesstile vor.
Ziel der vorliegenden Studie: Ausgehend von den oben beschriebenen Liebesstilen, war es ein Ziel dieser Studie herauszufinden, wie sich unterschiedliche Formen der Liebe auf die partnerschaftliche Zufriedenheit auswirken. Gibt es Liebesstile, die besonders zufrieden oder gar besonders unzufrieden machen? Darüber hinaus wurde untersucht, inwieweit sich Veränderungen hinsichtlich dieser Liebesstile in den zehn Jahren auf die partnerschaftliche Zufriedenheit auswirken.
Beschreibung der Stichprobe (7. Messzeitpunkt): Zum siebten Messzeitpunkt beantworteten insgesamt 198 Personen (107 Frauen und 91 Männer) Fragen zu ihrer Partnerschaft. Das Alter der Studienteilnehmer lag zwischen 29 und 75 Jahren (Durchschnitt 43 Jahre). 153 dieser 198 Personen sind seit dem ersten Erhebungszeitpunkt im April 1995 mit demselben Partner zusammen, wobei die Beziehungslänge zwischen 10 Jahren und 5 Monaten und 53 Jahren und 11 Monaten (Durchschnitt 18,73 Jahre) variiert. Die nachfolgende Ergebnisdarstellung bezieht sich auf diese Gruppe.
Welche Liebesstile sind wie hoch ausgeprägt?
Wie die nachfolgende Grafik zeigt, erreichen die Liebesstile Storge, Mania und Eros die höchste Zustimmung. Dies deutet darauf hin, dass die Partnerschaft in erster Linie durch Toleranz und Vertrauen gekennzeichnet ist.
Auf der anderen Seite zeigen die hohen Ausprägungen von Mania und Eros aber auch, dass selbst sehr langfristige Beziehungen immer noch durch ein recht hohes Maß an Leidenschaft und Faszination für den Partner geprägt sind.
Ebenfalls hoch ausgeprägt ist die altruistische Liebe und damit die Opferbereitschaft für den Partner. Pragmatische Überlegungen liegen hier im mittleren Bereich, während das Verlangen nach sexueller Freiheit und das Erleben von Abenteuern, wie es für die Spielerische Liebe bezeichnend ist, hier keine große Rolle spielen.
Welche Liebesstile machen besonders zufrieden, welche besonders unzufrieden?
Die Romantische Liebe scheint besonders förderlich für die Beziehungszufriedenheit zu sein. So schätzen Personen, die Eros stärker zustimmen, auch die Beziehungszufriedenheit besonders hoch ein. Allerdings würde die Aussage „Romantik und sexuelles Verlangen nach dem Partner alleine machen glücklich“ zu stark vereinfachen, denn auch die altruistische und die freundschaftliche Liebe beeinflussen das Glück der Partner positiv. Somit ist nicht nur die Leidenschaft wichtig für das Beziehungsglück, sondern auch gemeinsame Interessen, der respektvolle und tolerante Umgang miteinander ebenso wie die Unterstützung des Partners.
Negativ wirkt sich dagegen die spielerische Liebe auf die Beziehungszufriedenheit aus. Die beiden Liebesformen pragmatische und besitzergreifende Liebe stehen in keinem bedeutsamen Zusammenhang mit der Beziehungszufriedenheit.
Wie wirken sich Veränderungen über die Zeit hinsichtlich der Liebesstile auf die Beziehungszufriedenheit aus?
Es ist nahe liegend, dass sich Liebesstile über die Zeit auch verändern können. So wird es nicht in jeder Partnerschaft gelingen, die Leidenschaft über Jahre hinweg auf einem konstant hohen Level zu halten. Auf der anderen Seite könnte es sein, dass gerade in sehr langfristigen Beziehungen die Bereitschaft, Opfer zu erbringen, besonders hoch ausgeprägt ist.
Beeinflussen derartige Veränderungen die Beziehungszufriedenheit?
In der vorliegenden Studie zeigte sich, dass vor allem Veränderungen im Hinblick auf die romantische und die freundschaftliche Liebe einen Einfluss auf die Beziehungszufriedenheit haben. So kam es bei denjenigen Personen, bei denen die Leidenschaft und Anziehungskraft des Partners innerhalb der zehn Jahre nachließ, auch zu einer Abnahme der Beziehungszufriedenheit. Auch eine Abnahme im Hinblick auf die Freundschaftliche Liebe führte dazu, dass die Beziehungszufriedenheit niedriger eingestuft wurde.
Zusammenfassung: Die Liebe – ein Phänomen mit vielen Gesichtern.
Nach Lee (1976) gibt es sechs Formen der Liebe, denen Personen mehr oder weniger zustimmen können.
Die Studie zeigte, dass in langfristigen Beziehungen in erster Linie Toleranz und Vertrauen eine große Rolle spielen. Aber auch die Leidenschaft und Sexualität - Merkmale der romantischen und besitzergreifenden Liebe - sind wichtige Bestandteile dieser Beziehungen.
Sexuelle Abenteuer mit Personen außerhalb der Partnerschaft werden kaum angestrebt. Besonders glücklich machen die romantische Liebe, die freundschaftliche und die altruistische Liebe.
Leidenschaft, Vertrauen und Opferbereitschaft tragen also besonders positiv zur partnerschaftlichen Zufriedenheit bei.
Dementsprechend sinkt die Zufriedenheit in der Partnerschaft, wenn die Romantik nachlässt und es zu einer Verringerung der gegenseitigen Akzeptanz und des Vertrauens kommt. Quelle (pdf-Dokument)