>... Die Unbefangenheit des triebhaften Lebensgenusses wird planmäßig vernichtet, jede einzelne Handlung wird darauf hin geprüft, ob sich in ihr der Glauben bewähre, die ständige Selbstkontrolle artet zu einer Art Rechnungsführung über das eigene Verhalten aus...<
Hier mehr lesen:
http://www.otium-bremen.de/autoren/a-wygodzinski.htm
>Nicht mal das Tier, obwohl viel an der frischen Luft und mangels Gelegenheit Nichtraucher, treibt irgendeinen Sport, sondern liegt naturgemäß, sobald der Hunger nachlässt, lieber bräsig in der Flora rum. Allein der Mensch, in seiner Form des notorischen Zappelheinis muss ständig an Bälle treten, oder sich Plastikradkappen zuwerfen, statt unterm Holunderbusch ein Mittagsschläfchen zu wagen.<
aus: Wischmeyers Logbuch (1997)
>Tätigkeit ist der letzte Ausweg jener, die nicht verstehen zu träumen.<
>Es ist wichtiger, dass sich jemand über eine Rosenblüte freut, als dass er ihre Wurzel unter das Mikroskop bringt.<
Mehr von Oscar Wilde zum Thema:
http://www.otium-bremen.de/autoren/a-wilde.htm
>Der sicherste Reichtum ist die Armut an Bedürfnissen.<
>Ganz neue Zusammenhänge entdeckt nicht das Auge, das über ein Werkstück gebeugt ist, sondern das Auge, das in Muße den Horizont absucht.<
>Projiziere ich in die Zukunft, was bereits jetzt zu beobachten ist, so sehe ich, dass der größere Teil der Massen in den so genannten fortschrittlichen Ländern in zunehmendem Maße seinen Arbeitstag damit verbringen wird, den Maschinen Folge zu leisten, während er für den Rest der Zeit am Busen der großen Bestie Unterhaltung saugt.<
aus: ZEITPunkte 1/2000
>Muße ist das Kunststück, sich selbst ein angenehmer Gesellschafter zu sein.<
> Man kann den Birnbaum nicht mit der Peitsche antreiben, damit er vorzeitig Früchte trägt und den Weizen nicht an der Wurzel kitzeln, damit er früher reift. Sollte der Mensch da in so vielem anders beschaffen sein? Ich glaube es nicht. Auch in ihm herrscht ein ordnendes Gesetz, ihm allein eigen und gemäß. Der Mensch vermag viele Dinge auf dieser Welt durcheinander zu bringen, aber an dieses Gesetz darf er nicht rühren, oder es ist sein Verderben.<
aus: Die Kunst des Müßiggangs
>Nichts. Ich lasse das Leben auf mich regnen.<
Rahel Varnhagen (1771 - 1833)
>Bei meinem letzten Aufenthalt in Portugal, zur heißesten Tageszeit, als sich die Trägheit meines Körpers und meiner Seele bemächtigte, vertrieb ich mir die Zeit damit, aufs Bett hingestreckt langsam Lord Byron zu lesen. Von Zeit zu Zeit ließ ich das Buch sinken, um … nachzudenken?, nein, um mir allerhand Luftschlösser zusammenzuphantasieren.
Zuweilen raffte ich mich dazu auf, an den Balkon zu treten, um einen Augenblick lang das Meer zu betrachten, das da träge am Strand ausgestreckt lag. Und das Gluckern des Ozeans, vermischt mit den Echos von Lord Byron, der diesen so sehr geliebt hatte, half mir, weiterhin Dinge ohne festen Umriss und Substanz zusammenzuphantasieren. In meinem Geist herrschte eine poetische, das heißt aber: schöpferische Situation, welche die Trägheit hervorruft. Denn der Dichter ist zuallererst ein Faulenzer, ein Nichtstuer, und das sage ich zum Lob des Poeten.
Will ich etwa ein Loblied auf die Faulenzerei anstimmen, ich, der ich als arbeitsamer und aktiver Mensch gelte? Ja, ich möchte - zumindest teilweise - ein Loblied aufs Nichtstun singen; ich will euch sagen, dass der Müßiggänger einer der aktivsten Menschen ist.<
aus: Plädoyer des Müßiggangs
>Diese grenzenlose Unersättlichkeit und Unruhe des Systems ist in die Individuen hineinsozialisiert worden. Der Erwerbstätige hat verinnerlicht, unabhängig von seinen Bedürfnissen für Geld und immer mehr Geld zu arbeiten. Damit diese Unersättlichkeit nach Geld nicht ins Stocken gerät, läuft auch die 'Produktion der Bedürfnisse' auf Hochtouren. Dafür arbeiten in Deutschland allein 400 000 Menschen in der Werbung.<
aus: Wechselwirkung, 10/95)
>Die verselbständigte Ökonomie hält trotz hoher Arbeitslosigkeit eine Unmenge sinnloser Arbeitskraft gefangen, die schon lange nicht mehr zum 'guten Leben' beiträgt, sondern nur die Träger der Arbeitskraft, die Reste einer humanen Kultur und die Schätze der Natur ausplündert.
...
Materielle Genügsamkeit, eine Lebensweise mit erheblich weniger Kram, der letztlich nur Mühe, Geld und Lebenszeit kostet, eröffnet die Chance für die Wiedergewinnung von Genussfähigkeit und Muße.<
>Verschiebe nicht auf morgen, was auch bis übermorgen Zeit hat.<
>Du wolltest leben
und kamst nicht dazu.
Du willst leben
und vergisst es vor lauter Geschäftigkeit.
Du willst das spüren, was in dir ist,
und hast eifrig zu tun mit dem, was um dich ist -
verschüttet ist dein Lebensgefühl!<
>Das Heiligste, das der Deutsche hat, ist die Arbeit.<
>Eine der schauerlichsten Folgen der Arbeitslosigkeit ist wohl die, dass Arbeit als Gnade vergeben wird. Es ist wie im Krieg: wer die Butter hat, wird frech.<
> Wie schön aber müsste es sein, mit gesammelter Kraft und mit der ganzen Macht der Erfahrung zu studieren! Sich auf eine Denkaufgabe zu konzentrieren! Nicht von vorn anzufangen, sondern wirklich fortzufahren; eine Bahn zu befahren und nicht zwanzig; ein Ding zu tun und nicht dreiunddreißig. Niemand von uns scheint Zeit zu haben, und doch sollte man sie sich nehmen. Wenige haben dazu das Geld.
Und wir laufen nur so schnell, weil sie uns stoßen, und manche auch, weil sie Angst haben, still zu stehen, aus Furcht, sie könnten in der Rast zusammenklappen - -<
>Es gibt vielerlei Lärm. Aber es gibt nur eine Stille.<
Donnerstag, den 5.
Auftrag bekommen, Plauderei "Über die Faulheit" zu schreiben. Liegestuhl gekauft. Darin in entspannter Lage über das Thema nachgedacht. Dabei eingeschlafen.
Freitag, den 6.
Vormittags im Liegestuhl Faulheit studiert und dabei sehr müde geworden. Langer Mittagsschlaf. Nachmittags zu der Überzeugung gekommen, dass Beharren in Faulheit (italienisch: dolce far niente) natürlicher Zustand der Kreatur. Kein Tier arbeitet. Mit dieser Erkenntnis zufrieden früh Feierabend gemacht.
Samstag, den 7.
Diese Notizen ins Tagebuch eingetragen. Davon sehr erschöpft, deshalb freien Nachmittag gemacht.
Sonntag, den 8.
Sonntag geheiligt. Ganzen Tag ausgeruht. Barbaras Vorschlag, lästige Bewegungen in Form eines Spaziergangs zu machen, entrüstet abgelehnt, weil ich an Faulheit arbeite. Früh zu Bett. Von Ohrensesseln, Schlaraffenland und Bärenhäuten geträumt.
Montag, den 9.
Ausgeschlafen. Vormittags ganz kaputt vom vielen Schlaf, arbeitsunfähig. Nachmittags Einfall gehabt: Trägheit ist nicht gleich Faulheit. Trägheit ist eine Veranlagung, Faulheit eine Weltanschauung. Der Faule lebt in Harmonie mit dem Bestehenden und verspürt keinen Drang, es zu ändern. Folgerung: faule Menschen sind staatspolitisch besonders wertvoll, weil sie nicht zu Rebellion, Umsturz oder Revolution neigen.
Dienstag, den 10.
Schlecht geschlafen, weil die Tage vorher zu viel geschlafen. Wieder im Liegestuhl. Barbara meint, meine Faulheit stinke zum Himmel. Ihr erklärt: Trägheit ist verabscheuenswert, Faulheit bewundernswert. Der Faule ist von Natur fleißig, überwindet aber den Fleiß, weil er damit nur Unruhe schafft und das Behagen stört. Beispiel: Ameisen sind fleißig und unsympathisch, Murmeltiere faul und sympathisch. Frage an Barbara: wer hat mehr Unglück über die Welt gebracht, die Faulen oder die Fleißigen? Können Faule Kriege vom Zaun brechen ?
Mittwoch, den 11.
Von geistiger Arbeit des Vortags erschöpft. Tag der Faulheit ausgerufen und zum Familienfeiertag erklärt.
Donnerstag, den 12.
Kalenderspruch gelesen "Der Schweiß ist die Träne der Arbeit". Da es unmännlich ist, Tränen zu vergießen, beschlossen, niemals in Schweiß zu geraten. Erkenntnis: Faulheit ist der Humus des Geistes. Erhabene Gedanken gedeihen nur in körperlichem Ruhezustand. Im Liegestuhl darüber nachgedacht, ob Barbara wohl ihr deliziöses Gulasch kocht. Gedanke war zutreffend. Zu viel Gulasch gegessen. Da ein voller Bauch nicht gern studiert (Erkenntnis der alten Römer), nachmittags nicht mehr nachgedacht.
Freitag, den 13.
Mit Schrecken festgestellt, dass heute der 13, auf einen Freitag fällt. Daher beschlossen, nichts zu tun, um Unglück nicht zu berufen. Gut geschlafen. Erkenntnis: man muss sich ohne schlechtes Gewissen zur Faulheit bekennen. Das Gewissen ist der Motor, der zur Tätigkeit treibt und der Faulheit das Behagen nimmt. Über das Hamlet-Zitat nachgedacht: "Es ist etwas faul im Staate Dänemark". Wieso? Bin ich ein Däne? - Verlag ruft an, ob Plauderei über die Faulheit noch nicht fertig. Geantwortet: Wenn ich so schnell arbeiten würde, wäre ich nicht würdig, das Thema fachkundig zu behandeln.
Samstag, den 14.
Barbara macht sich Gedanken über meinen Gesundheitszustand, weil so viel Schlaf unnatürlich sei. Bedenken mit folgenden Erkenntnissen zerstreut: Manager sind fleißig; Götter sind nicht fleißig. Manager sehr sterblich; Götter dagegen unsterblich. Barbara stellt beruhigt fest, demnach würde ich Götter überleben.
Da viel zu faul, um Plauderei über Faulheit jemals zu schreiben, beschlossen, diese Tagebuchblätter drucken zu lassen. Überlegt: wer nimmt mir lästigen Gang zum Briefkasten ab. Barbara beschwatzt. Nach langem Mittagsschlaf Plan gefasst, auf die Anstrengungen der letzten zehn Tage hin nächste Woche gründlich auszuspannen.
>Dass die Menschen der Arbeit wegen leben, ist die Philosophie der Mucker und moralisch Kastrierten. Wenn das Leben überhaupt einen Sinn hat, was bezweifelt werden kann, so ist der Sinn nur der eine und einzige: Vergnüge dich nach Herzenslust, lass jeden anderen sich vergnügen nach seiner Weise, und solange er weder dir noch deinen Mitmenschen Schaden zufügt, lasse ihn gefälligst in Ruh; du bist nichts besser als er, und er ist nichts wertvoller und heiliger als du, denn Unheilige, Böse und Verbrecher sind nur die, die erwischt werden bei ihren Taten.
...
Sich richtig und erfolgreich vergnügen zu können muss lange und geduldig geübt werden wie jede andere Tätigkeit.<
>Wenn ihr behauptet, alle müssten arbeiten, dann sollen es mir alle diese Reichen, die nichts tun, erst einmal vormachen.<
>Wenn ein Mensch einmal einen halben Tag lang in den Wäldern spazieren geht, weil er sie liebt, dann besteht die Gefahr, dass er als Tagedieb angesehen wird; wenn er dagegen den ganzen Tag als Unternehmer zubringt und diese Wälder abhackt und die Erde vorzeitig kahl werden lässt, so wird er als fleißiger und unternehmungslustiger Bürger betrachtet.<
>Die meisten Menschen sind, selbst in unserem verhältnismäßig freien Land, aus lauter Unwissenheit und Irrtum so sehr durch die unnatürliche, überflüssige, grobe Arbeit für das Leben in Anspruch genommen, dass seine edleren Früchte von ihnen nicht gepflückt werden können. Von der anstrengenden Arbeit sind ihre Finger zu plump geworden und zittern zu sehr. Der arbeitende Mensch hat heute nicht die Muße, Tag um Tag wahrhaft sinnvoll zu erfüllen; es gelingt ihm nicht, zum Nebenmann manneswürdige Beziehungen aufrechtzuerhalten; das könnte ja dem Marktwert seiner Arbeit Abbruch tun. Anders als eine Maschine zu sein, hat er keine Zeit.<
Mehr von Henry David Thoreau:
http://www.otium-bremen.de/autoren/a-thoreau.htm
>Narren hasten,
Kluge warten,
Weise gehen in den Garten.<
O süßes Nichtstun, an der Liebsten Seite
Zu ruhen auf des Bergs besonnter Kuppe;
Bald abwärts zu des Städtchens Häusergruppe
Den Blick zu senden, bald in ferne Weite!
O süßes Nichtstun, lieblich so gebannt
Zu atmen in den neubefreiten Düften;
Sich locken lassen von den Frühlingslüften,
Hinabzuziehn in das beglänzte Land;
Rückkehren dann aus aller Wunderferne
In deiner Augen heimatliche Sterne.
Theodor Storm
ist immer ein Zeichen mangelnder Vitalität. Es gibt gewisse armselige Kreaturen, die in der Arbeit den Sinn des Lebens sehen. Würde man sie aufs Land oder auf ein Schiff bringen, würden sie sich nach ihrem Pult sehnen. Sie sind nie neugierig, niemals ausgelassen und mit sich selbst nicht zufrieden. Wenn sie nicht ins Büro gehen, ist die Welt leer für sie. Wenn sie auf die Eisenbahn eine Stunde warten müssen, schlafen sie mit geöffneten Augen.<
Mehr von Robert Louis Stevenson hier:
http://www.otium-bremen.de/autoren/a-stevenson.htm
>Bewerbung ist Zwangsvorstellung.<
Hans Horst Skupy
>Die Muße ist die Schwester der Freiheit.<
Sokrates
>Schlafen! Vielleicht auch träumen! Ja, da liegt's.<
>Die beste Wärterin der Natur ist Ruhe.<
>Sich amüsieren heißt etymologisch: die Muße loswerden.
Amüsement wäre also das Vergnügen der Plattköpfe.<
Johann Gottfried Seume (1763 - 1810)
Arthur Schopenhauer uns folgende Auskünfte:
>Zum Philosophieren sind die zwei ersten Erfordernisse diese: ernstlich, dass man den Mut habe, keine Frage auf dem Herzen zu behalten, und zweitens, dass man alles das, was sich von selbst versteht, sich zum deutlichen Bewusstsein bringe, um es als Problem aufzufassen. Endlich auch muss, um eigentlich zu philosophieren, der Geist wahrhaft müßig sein: Er muss keine Zwecke verfolgen und also nicht vom Willen gelenkt werden, sondern sich ungeteilt der Belehrung hingeben, welche die anschauliche Welt und das eigene Bewusstsein ihm erteilt. — Philosophie-Professoren hingegen sind auf ihren persönlichen Nutzen und Vorteil, und was dahin führt, bedacht: Da liegt ihr Ernst. Darum sehen sie so viele deutliche Dinge gar nicht, ja kommen nicht ein einziges Mal auch nur über die Probleme der Philosophie zur Besinnung.<
>Der geistreiche Mensch wird vor allem nach Schmerzlosigkeit, Ungehudeltsein, Ruhe und Muße streben, folglich ein stilles, bescheidenes, möglichst unangefochtenes Leben suchen und demgemäß die Zurückgezogenheit und bei großen Geistern sogar die Einsamkeit wählen.<