Das letzte Foto von
Franz Kafka (1923/24)
Auf der Galerie
Wenn irgendeine hinfällige, lungensüchtige Kunstreiterin in der Manege auf schwankendem Pferd vor einem unermüdlichen Publikum vom peitschenschwingenden erbarmungslosen Chef monatelang ohne Unterbrechung im Kreise rundum getrieben würde, auf dem Pferde schwirrend, Küsse werfend, in der Taille sich wiegend, und wenn dieses Spiel unter dem nichtaussetzenden Brausen des Orchesters und der Ventilatoren in die immerfort weiter sich öffnende graue Zukunft sich fortsetzte, begleitet vom vergehenden und neu anschwellenden Beifallsklatschen der Hände, die eigentlich Dampfhämmer sind - vielleicht eilte dann ein junger Galeriebesucher die lange Treppe durch alle Ränge hinab, stürzte in die Manege, rief das - Halt! durch die Fanfaren des immer sich anpassenden Orchesters.
Da es aber nicht so ist; eine schöne Dame, weiß und rot, hereinfliegt, zwischen den Vorhängen, welche die stolzen Livrierten vor ihr öffnen; der Direktor, hingebungsvoll ihre Augen suchend, in Tierhaltung ihr entgegenatmet; vorsorglich sie auf den Apfelschimmel hebt, als wäre sie seine über alles geliebte Enkelin, die sich auf gefährliche Fahrt begibt; sich nicht entschließen kann, das Peitschenzeichen zu geben; schließlich in Selbstüberwindung es knallend gibt; neben dem Pferde mit offenem Munde einherläuft; die Sprünge der Reiterin scharfen Blickes verfolgt; ihre Kunstfertigkeit kaum begreifen kann; mit englischen Ausrufen zu warnen versucht; die reifenhaltenden Reitknechte wütend zu peinlichster Achtsamkeit ermahnt; vor dem großen Salto mortale das Orchester mit aufgehobenen Händen beschwört, es möge schweigen; schließlich die Kleine vom zitternden Pferde hebt, auf beide Backen küßt und keine Huldigung des Publikums für genügend erachtet; während sie selbst, von ihm gestützt, hoch auf den Fußspitzen, vom Staub umweht, mit ausgebreiteten Armen, zurückgelehntem Köpfchen ihr Glück mit dem ganzen Zirkus teilen will - da dies so ist, legt der Galeriebesucher das Gesicht auf die Brüstung und, im Schlußmarsch wie in einem schweren Traum versinkend, weint er, ohne es zu wissen.
Franz Kafka
Kurzbiografie: http://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Kafka
Texte von Kafka: http://gutenberg.spiegel.de/autoren/kafka.htm
Kafkaesk, Homepage zu Kafka und Prag - Ein historischer Spaziergang durch das alte Prag, bei dem Ihnen die wichtigsten
Wohnungen und Orte aus dem Leben von Franz Kafka vorgestellt werden: http://www.kafkaesk.de/
Kafka Hörbücher: http://www.vorleser.net/html/kafka2.html
Umfangreiche Kafka-Website: http://www.franzkafka.de
Kafka-Weblog - Die Tagebücher Franz Kafkas 1910-1923 [im Gange]: http://www.metameat.net/kafka/index.php?de
Die Franz-Kafka-Website bietet Ihnen die Möglichkeit, Ihre eigenen Arbeiten zu veröffentlichen bzw. an der Weiterentwicklung dieser Website mitzuarbeiten. Seit Dezember 2004 haben wir für Texte von Schülerinnen und Schüler eine eigene Rubrik eingerichtet! :
http://www.geo.uni-bonn.de/members/pullmann/kafka/index.shtml
Dora Diamant war die letzte Frau in Kafkas Leben
Betrachtung
Die Abweisung
Wenn ich einem schönen Mädchen begegne und sie bitte: »Sei so gut, komm mit mir« und sie stumm vorübergeht, so meint sie damit:
»Du bist kein Herzog mit fliegendem Namen, kein breiter Amerikaner mit indianischem Wuchs, mit waagrecht ruhenden Augen, mit einer von der Luft der Rasenplätze und der sie durchströmenden Flüsse massierten Haut, du hast keine Reisen gemacht zu den großen Seen und auf ihnen, die ich weiß nicht wo zu finden sind. Also ich bitte, warum soll ich, ein schönes Mädchen, mit dir gehn?«
»Du vergißt, dich trägt kein Automobil in langen Stößen schaukelnd durch die Gasse; ich sehe nicht die in ihre Kleider gepreßten Herren deines Gefolges, die, Segenssprüche für dich murmelnd, in genauem Halbkreis hinter dir gehn; deine Brüste sind im Mieder gut geordnet, aber deine Schenkel und Hüften entschädigen sich für jene Enthaltsamkeit; du trägst ein Taffetkleid mit plissierten Falten, wie es im vorigen Herbste uns durchaus allen Freude machte, und doch lächelst du — diese Lebensgefahr auf dem Leibe — bisweilen.«
Franz Kafka
Franz Kafka - Betrachtung (1913): http://www.textlog.de/3871.html
Zitat von Franz Kafka: "Wie kann denn überhaupt jemand schuldig sein? Wir sind Gottes Geschöpfe. Wenn wir schuldig sind, was ist er dann?" -
Der Process
Zitat über Franz Kafka: »Hätte sich der Schöpfer anders besonnen, und wäre Kafka in Asien geboren: Millionen klammerten sich an seine Worte und grübelten über sie, ihr Leben lang.«
Kurt Tucholsky
Weitere Zitate:
http://de.wikiquote.org/wiki/Franz_Kafka